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Ciao a tutti! - Eine Geschichte zwischen zwei Welten

Ciao a tutti! - Eine deutsch-neapolitanische Familiengeschichte

Wenn man über Neapel spricht, erzählt man nicht nur von einer Stadt, sondern von einer Lebensphilosophie.
Wer die Geschichte kennt, der weiß, dass die Metropole am Fuße des Vesuvs über Jahrhunderte erst von Griechen und Römern und später auch von Spaniern und Franzosen geprägt wurde, was ihr einen ganz besonderen kulturellen Reichtum bescherte und die berühmte neapolitanische Leichtigkeit erklärt.

Die Geschichte der Familie Esposito beginnt wie so viele andere in den turbulenten 1960er Jahren. Francesco und Filomena Esposito wollten sich was aufbauen und so wagte Giovannis Vater (Francesco) als erster den Schritt und kam nach Tübingen, mit nichts als Hoffnung im Gepäck. Die ersten Jahre waren von Einsamkeit und harter Arbeit geprägt. Erst als er in Karlsruhe Fuß gefasst hatte, konnte 1970 der Rest der Familie nachkommen: Giovannis Mutter, Filomena,  brachte die drei älteren Geschwister Sabino, Giuseppe und Nunzia mit. Ein Jahr später, 1971, wurde Giovanni bereits in Karlsruhe geboren – ein echtes "Karlsruher Kindl" mit neapolitanischem Herzen.

Giovanni und ich kennen uns seit vielen Jahren, und oft reicht ein Blick, um zu verstehen, was der andere denkt. Als gelernter Schreiner schafft er mit seinen Händen wahre Kunstwerke aus Holz. Doch seine wahre Leidenschaft zeigt sich in der Küche, wenn er für Familie und Freunde kocht. Es sind keine Sterne-Teller, es sind die leckeren Alltagsgerichte, die eine Seufzer der Zufriedenheit erzeugen, weil sie  einfach lecker schmecken.

Die neapolitanische Küche, die er so meisterhaft beherrscht, ist ein Schatz an Aromen und Traditionen:

  • Die "Pasta alla Genovese" - ein typisch neapolitanisches Gericht trotz des irreführenden Namens, mit langsam geschmorten Zwiebeln und zartem Rindfleisch
  • Die echte "Pizza Napoletana", mit ihrem charakteristisch hohen Rand und der perfekten Balance aus San Marzano Tomaten und Büffelmozzarella
  • "Sfogliatella Riccia", das traditionelle Blätterteiggebäck mit Ricotta-Füllung
  • "Zuppa di Cozze", die würzige Muschelsuppe, die nach Meer und Heimat schmeckt
  • Pasta e fagioli
  • Tagliolini al Pomodoro e Mozzarella
  • Antipasto mit Focaccia

Die Anfänge seiner Familie in Deutschland waren nicht einfach: Die deutsche Sprache war ein Wirrwarr aus seltsamen Lauten, das Essen fremd – wer konnte sich schon mit Lyoner und Sauerkraut anfreunden, wenn man die Aromen des Südens gewohnt war? Die Familie war zerrissen, Freunde fehlten, aber man war gekommen, um zu arbeiten und sich eine Zukunft aufzubauen.

Nach und nach brachte man die heimischen Kräuter und Lebensmittel mit, die ersten italienischen Restaurants entstanden, Sprachkurse wurden besucht – kleine, aber wichtige Schritte in Richtung Integration. Heute ist die italienische Küche nicht mehr aus Deutschland wegzudenken – wer könnte sich noch eine Welt ohne Rucola, Mozzarella, Burrata oder original italienische Pizza vorstellen?

Giovanni schafft den Spagat zwischen seinen beiden Welten mit einer bewundernswerten Leichtigkeit, auch wenn die Sehnsucht nach Neapel immer da ist. Einmal im Jahr versucht er, seine Heimatstadt zu besuchen – viel zu selten, wie er findet, aber die Arbeit und das Leben in Karlsruhe lassen oft nicht mehr zu. Ein Leben ohne Neapel kann er sich nicht vorstellen, aber ein Leben nur in Neapel ebenso wenig. Er hat, wie so viele seiner Generation, in Deutschland seine Heimat gefunden, ohne die Verbindung zu seinen Wurzeln zu verlieren.

Die neapolitanische Lebensart, die Giovanni und seine Familie mitgebracht haben, bereichert unsere Gesellschaft bis heute.

Giovanni hat es heute viel leichter als Francesco und Filomena. Giovanni beherrscht die Sprache, hat sich integriert und seine eigene, neue Familie gegründet.

In seiner Person vereinen sich bei Giovanni deutscher Fleiß und süditalienische Lebensfreude zu einer ganz besonderen Mischung – einer Brücke zwischen Nord und Süd, die uns alle bereichert.


Giovanni Esposito mitten in Pompei.


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